Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Alles was sonst nirgendwo reinpasst, könnt ihr hier unterbringen.
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Rheinberger
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Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Rheinberger »

Alle Achtung...allein und Alkoholgeschwängert durch die Weinberge...
und das alles OHNE NOTSTROMAGGREGAT

RESPEKT,GÜNTHA,RESPEKT

:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:
Gruß an die Gemeinde
Manni
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Güntha 'der Seemann' Koslowski
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Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Güntha 'der Seemann' Koslowski »

Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski - In Kur (3. Fortsetzung)

Welch ein Tag!
Die Frühstückszeiten sind hier etwas gewöhnungsbedürftig: 7:15 Uhr ist in meinen Augen eine nächtliche Ruhestörung und keine Essenszeit. Nicht einmal Frühstück ans Bett ist drin. Ja, ja, mit den Kassenpatienten kann man es ja machen.

Aber die Klinikleitung weiß, daß der Hunger alle an die Tische treibt, und deswegen brauchen die von ihrer harten Haltung keinen Deut abzuweichen.
Die nette Maus vom Vorabend saß auch mit am Tisch und lächelte mir ein „Guten Morgen, Güntha“ entgegen. Scheiße, warum muss ich immer das Problem mit den Namen haben:
Ich kann mir grad mal meinen merken, aber alle anderen kennen mich.
Wenigstens an Klaus kann ich mich erinnern. Den Retter meiner 8-Kisten-Notration.
Nach so einer Weinverkostung brauchte ich erst einmal einen starken Kaffee. Der Duft zog mir schon betörend in die Nase, doch nach dem ersten Schluck vermutete ich, dass hier in der Klinik auch Herzpatienten untergebracht waren. Purer Bodensee-Kaffee – wenn man in den Kaffeepott reinguckt, kann man bis zum Boden sehen.

Gibscht du mir mal a Wecka? Fragte mich mein Gegenüber und riss mich aus meiner Kaffeesatzleserei.
Ein zierlicher Wuschelkopf mit eigenwilligem Dialekt. Ich war mir zwar nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden hatte, aber stirnrunzelnd machte ich meine Armbanduhr ab und reichte sie herüber…..
„Ha Noi, a wecka!
„Den hab ich auf dem Zimmer“, antwortete ich entschuldigend.
Wozu braucht die beim Frühstück einen Wecker fragte ich mich, als sie mir leicht genervt und mit bemüht deutlicher Aussprache sagte: Ein BRÖÖÖTCHEN!!!!!!
Die kann ja doch deutsch! Lächelnd reichte ich ihr den Brötchenkorb.
Während des Frühstücks verglichen wir unsere Therapiepläne. Kur ist halt Aktivurlaub.
Walking, Nordic Walking, Wandern, progressive Muskelentspannung, Schwimmen, Wassergymnastik, Zirkeltraining, Einzelgespräch, Gruppentherapie, Ergotherapie, Visite… also so aktiv hatte ich mir dass dann doch nicht vorgestellt. Da bleibt ja gar keine Zeit mehr für den Urlaub. Wie soll ich mich da erholen?!
Schon bei der Bundeswehr hatte ich gelernt:
„Melden macht frei!“ Also meldete ich mich mal flugs bei Nordic Walking ab. Dachte ich! Aber der Personal-Fitness Trainer liess nicht locker. Mit stoischer Ruhe und nicht enden wollendem Elan erklärte er mir, wie toll dass doch für Herz-Kreislauf, Fettverbrennung und die Beanspruchung des gesamten Muskelapparates sei. Als mich das nicht überzeugte versuchte er mir mit der Ausschüttung irgendwelcher Glückshormone beizukommen.
Ich atmete tief durch. Irgendwie sprachen wir unterschiedliche Sprachen. „Pass mal auf“, sagte ich in ruhigem Ton, „wenn ich Glückshormone ausschütten will, dann fällt mir auf Anhieb eine Beschäftigung ein, bei der das viel mehr Spass macht. Und mein Herz-Kreislauf-System kommt dabei auch gut in Schwung. Da brauch ich solche Turnübungen für Frührentner nicht für.“
Nachdem dass geklärt ist, nimmst du jetzt die Walking-Stöcke, gehst zum Küchenchef und sagst dem, der soll die mal schön rektal in so ein Spanferkel stecken und dann langsam über offener Flamme bis zum Abendessen fertig machen. Dazu ein lecker Bierchen, nicht diese Eifel-Plörre, die es hier sonst überall gibt.“ Die Kinnlade klappte ihm fast bis zu den Knien, also ging ich davon aus, er hatte verstanden, was ich ihm mitteilen wollte. Es kommt halt bei der Kommunikation nur darauf an, dass man sich vernünftig ausdrückt.
Auf meinem Therapieplan stand nun Gruppentherapie.
Für diejenigen, die damit nicht so viel anfangen können: Das ist wie Gruppensex, nur ohne vögeln. Man sitzt in einem Stuhlkreis und lauert darauf, dass irgendein anderer Teilnehmer sich opfert und etwas von seinem Leidensweg preisgibt. Das Ganze wird dann von den anderen Beteiligten bis zum Ende der Stunde kommentiert, analysiert und bewertet.
Der Nachteil solcher Gruppen: Irgendwann kennt man sich und wirklich Neues gibt es dann kaum noch auszuschlachten. Deswegen dürfen sich meist die neu zur Gruppe Gestossenen seelisch ausbreiten. Zum Glück war ich nicht der einzige Neuling und so liess ich meinem Stuhlnachbarn galant den Vortritt. Den Mann hatte es echt schwer erwischt: Mit traurigem Blick erläuterte er, welche privaten und beruflichen Probleme es ihm bereite, dass er immer länger währende Phasen habe, in denen er sich für Jesus halte. Jetzt weiss ich nicht, wie Jesus zu Lebzeiten aussah, aber mir meinen 400 Pfund schweren Stuhlnachbarn als Jesus vorzustellen, fiel mir schwer.
Schwer fiel mir auch, mein Lachen zu unterdrücken, als er erzählte, wie er in einem seiner Anfälle als Jesus die Bettler aus dem Tempel warf. Der gute Mann ist Bankangestellter und hat seine ganze Filiale aufgemischt indem er Kunden und Kollegen kollektiv aus den Räumlichkeiten rausschmiss.
Leider war die Therapiezeit noch nicht ganz vorbei, als der Teilzeitjesus endete und so musste ich doch noch ran: Mit todernster Miene erklärte ich, dass mein Problem in immer länger währenden Phasen, in denen ich mich für den Vater meines Vorredners hielt, bestünde. Die Therapeutin sog zischend Luft zwischen ihren Zähnen ein und ihr Blick verhieß mir, dass diese Nummer nochmal in einem Einzelgespräch thematisiert würde. Na ja, dann haben wir ja wenigstens schon mal ein Thema.

Auch in der nächsten Therapie fiel ich gleich wieder auf: Ergotherapie leitete ich von Ergometer, im Volksmund „Trimmrad“, ab. Folglich tauchte ich Sportskanone mit Magnesiumgetränk und Schweisstuch ausgestattet im knappen Sportdress und MP3-Player auf den Ohren auf.
Ich war der Einzige.
Klaus, der ebenfalls zur Ergo musste und in Filzpantoffeln und Strickjacke um die Ecke gelatscht kam, brach auch gleich in schallendes Gelächter aus, als er mich sah.“Ergotherapie hat nichts mit Fahrrädern zu tun.“ klärte er mich auf. „Das ist eine Gestaltungstherapie.“ Fragezeichen tanzten um meine Stirn. „Malen, Speckstein, Zeichnen, Basteln“ ergänzte er.
Oh nee! So schnell wie ich da reingerutscht war, kam ich aus der Sache natürlich nicht wieder raus und neben Klaus hatten auch alle anderen ihren Spaß. Alle, außer mir!


Musste mal gesagt werden, woll!

Euer
Güntha 'der Seemann' Koslowski
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kahexe
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Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von kahexe »

:lol: Ist mal wieder super ,ich hab mich mal gerade wieder sehr amüsiert........
;) Toll mach weiter so..........


Liebe Grüße Katja :P
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Brocken

Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Brocken »

Moin Güntha,

mal ehrlich, es würde mir auch schwerfallen Dich als Vater eines so hochrangigen Menschenfischers anzusehen.
Hat Spaß gemacht die Anekdote zu lesen.

Gruß aus dem Harz

Klaus
Maneli
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Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Maneli »

Sehr schön ge- und beschrieben!
Habe mich köstlich amüsiert, mehr davon! :lol:

Gruß
Matthias
Klausi aus der Klinik

Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Klausi aus der Klinik »

Ich lese hier "tolle Geschichte" .......
Also , als Betroffener (ich bin der besagte Klaus) kann ich nur sagen :
Es war Alles noch viel schlimmer !!!!!!!!!!!!! :roll:
Da sitzt der Güntha in voller Sportmontur mit Badetuch lässig über die Schulter geworfen und versucht sich
an der Bearbeitung eines Specksteins . Das er nicht wie die Anderen eine Kleine Feile und ein Schnitzmesser
benutzt dürfte ja Allen klar sein !
Mein Freund und Leidensgenosse Güntha sitzt nun an einem grossen Tisch , den Abbruchhammer in der Rechten und einen Stemmmeissel in der linken Hand ,
und versucht sich an einem ca 10x1ox10 cm grossem Stein . :shock:
Mal abgesehen davon , dass die Reste der Bearbeitung in dem ganzen Gruppenraum verteilt sind , legt sich bei den "Malern" ein schöner Grauschleier
über Ihre Kunstwerke , natürlich sind auch die Haare der Anwesenden in kürzester Zeit ergraut !!
Dabei soll ich also ein Bild erstellen , dass meine Gefühle ausdrückt -
ist mir sehr gut gelungen !!! Mein Problem bestand nun aber leider da drin , dem Therapeuten zu erklären , warum ich ich einen Friedhoff gemalt habe ,
wo auf jedem Grabstein "Güntha" eingraviert war !! :oops:
Die anschliessende Verlängerung (4 Wochen) mit folgender Sicherungsverwahrung , habe ich überstanden , bin nur leider immer noch verstrahlt .
Wer solche Freunde hat , der braucht keine Feinde mehr !!

lg
Klausi aus der Klinik
stoppelhopser

Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von stoppelhopser »

Hallöchen,
auch ich bin begeistert von den Abenteuern. Bin selbst gebürtiger Krayer und kenne die Verhältnisse im Ruhrgebiet recht gut.
Es scheint jedoch, das Güntha in der Kur ein wenig versackt ist, man hört garnix mehr...

Entspannte Grüße,
Stoppelhopser
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Wolf6c
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Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Wolf6c »

einfach voll gut,, so völlig daneben zu sein.
Wolfgang

schräg ums Eck aufrecht durchs Leben
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Güntha 'der Seemann' Koslowski
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Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Güntha 'der Seemann' Koslowski »

facebook

„Gesichtsbuch?“ Ungläubig schaute ich meinen Tresennachbarn an.
„Kennste nicht?“ antwortete Tim.
„Wer denkt sich denn so einen bescheuerten Namen aus? Gesichtsbuch!“
„Das ist englisch: facebook.“
„Scheisse heisst auf englisch auch shit, riecht deshalb aber nicht besser.“
Güntha, Du hast keine Ahnung“
Das sass. Mir sowas ausgerechnet von Tim sagen lassen zu müssen. Tim ist städtischer Beamter. Ahnung hat der also per Definition nicht.
Und er legte auch gleich noch einen nach: „Du willst doch den Durchbruch schaffen. Berühmt werden. Mit facebook geht das ganz von alleine.“
Ich kochte: So ein sonntagszumfrühstückmotorradfahrenderbeamtermitzweikindernunddermuttibravzuhause will mir PR-Tipps geben?! MIR, Güntha dem Seemann Koslowski!!?!?!
Ich holte tief Luft und nahm erst mal einen großen Schluck Kronen Export. Zur Sicherheit noch was Klares hinterher. Ruhiger werden.
Ich schaute dem Kommunallemming tief in die Augen und erwiderte seelenruhig und mit der gebotenen Portion Stolz in der Stimme:
„ Kölnarena, Westfalenhalle Dortmund, Deutschlandhalle Berlin, Europahalle Castrop-Rauxel und viele mehr… da wär ich beinahe schon aufgetreten. Also komm du mir nicht mit deinem Gesichtsbuch und Durchbruch, pah! Den einzigen Durchbruch den ein Beamter kennt ist doch der vom Blinddarm, weil er darauf ordentlich krank feiern kann.“
Spiel, Satz und Sieg.
Tim hielt die Fresse, trank hastig sein Alkoholfreies aus und beeilte sich, sich in seinen Smart zu quetschen. Genau der richtige Wagen für eine 4köpfige Familie, aber was willst Du von einem Beamten schon erwarten. Eigentlich wollte er ja mit seinem Motorrad kommen, aber das Wetter war so unbeständig, da wollt er nichts riskieren. Meine Laune hatte er jedenfalls verdorben und so verliess ich die Fuselpinte ebenfalls.

Zuhause angekommen war ich dann aber doch neugierig und googelte mal.
Google ist eine tolle Erfindung. Man braucht nichts mehr zu wissen, nur noch, wie es geschrieben wird.
Google weiß alles. Google findet alles – außer Chuck Norris. Denn Google weiß, dass Chuck Norris es findet, nicht umgekehrt!
Facebook wird aber problemlos gefunden:

Facebook ermöglicht es dir,
mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu
treten und Inhalte mit diesen zu teilen.


Toll. Und das soll der Durchbruch sein? Das ermöglicht mir mein Telefon auch. Die Fuselpinte auch. Aber hier im Internet soll es der Durchbruch sein? Ich blieb skeptisch.
Andererseits konnte ich Tim nicht weiterhin die Triumph gönnen, sich in meiner Unwissenheit zu sonnen.
Also begab ich mich in die Höhle des Löwen.

Kaum registriert, überhäuften sich die Freundschaftsanfragen.
Gut, dass hatte ich als Person des öffentlichen Lebens nicht anders erwartet.
Nur…
… einen Großteil dieser Menschen kannte ich nicht mal flüchtig.
Einige scheinen auch so eine Art Wettbewerb zu verfolgen, die größte Freundesliste zu erhalten ( gibt es darüber eigentlich schon einen Guinnessbuch - Weltrekord? ).

Bei facebook gibt es für alles und jeden Scheiss irgendeine Gruppe. Oft gibt es sogar für jeden Scheiss mehrere Gruppen. Gibt es für irgendetwas mal keine Gruppe, existiert aber mit Sicherheit eine eigene Seite zu dem Thema, oder gleich mehrere. Selbst wenn diese nur auf den entsprechenden Wikipedia-Artikel verweist (in dem Fall ist es natürlich kein Scheiss, denn bei Wikipedia werden Artikel durch so etwas wie ein kollektives Gewissen geprüft (ähnlich wie bei den Borg in Raumschiff Enterprise), nur nennt sich das hier Autorenteam).
Sowas fehlt bei facebook. Vielleicht auch nicht, ich weiss es nicht. Wenn es das gibt, möchte ich gar nicht wissen, wie es aussähe, wenn es das nicht geben würde.
Spannend wird es, wenn man einige Tage nicht bei facebook war ( ich höre schon den entrüsteten Aufschrei „UNREALISTISCH“, aber doch, solche Menschen gibt es) und ein netter Zeitgenosse einen ungefragt in eine dieser inhaltslosen aber dauertextenden Gruppen eingeladen hat.
Bevor man sich wehren konnte, ist das Postfach des Mailaccounts schon bis obenhin verstopft, weil jede geistige Regung der Gruppenmitglieder direkt an die eigene Mailadresse versandt wird, bevor man die Gruppeneinstellungen ändern konnte.

facebook ist im Prinzip nix anderes als die Stasi. Nur effektiver. Allerdings mit dem grossen Unterschied, dass die Leute sich selbst bespitzeln. Und wie gründlich die sind: Von der täglichen Meldung welche Garderobe man wählt, über die Farbe des Stuhlgangs bis zur Staulänge auf der A40 („riesige Fahrzeugschlangen hinter mir. Wahnisnn! Es gibt kein Durchkommen! Nur vor mir ist alles frei. Komisch, oder?“) Bei facebook kann man sein ganzes Leben mitteilen. Alles. Wirklich Alles. Ohne Hemmungen. Da gehört die Angabe wo man sich grad befindet noch zu den angenehmeren Infos. „Bin grad mit einer netten Blondinen beim sündhaft teuren Italiener. Hoffentlich macht sich das nachher noch bezahlt“ mag ein nettes Posting für die Jungs aus dem Freundeskreis sein (am besten noch mit Handyupload von einem Untertischfoto als Beweis, dass besagte Dame wirklich kein Höschen trägt). Aber wenn die eigene Gattin auch bei facebook ist, kann das einen schon in Erklärungsnot bringen. Zum Glück findet man bei facebook auch Scheidungsanwälte.

Facebook ist so fortschrittlich, dass wenn man sich auf einer Party den Verstand soweit weggesoffen hat, dass man vergessen hat, dass man dort war, facebook anhand der Gesichtserkennungssoftware die von Freunden hochgeladenen Fotos direkt mit Namen versehen kann und man sich so selber mit als erstes in den peinlichsten Posen bewundern kann.

Um das Entfremden von der realen Welt weiter zu erleichtern, gibt es „Anwendungen“:
Glücksnüsse wie es sie sonst nur beim Chinesen gibt, Horoskope, Freundegrusskarten, virtuelle Rosen, Spiele und und und. Bei jedem Anmelden muss man sich durch Fluten von Einladungen zu irgendwelchen dusseligen Spielen klicken. Wenn man sonst keine Hobbys hat sicherlich ein netter Zeitvertreib.

Die weitaus gefährlichste Waffe im ganzen facebook Universum ist aber die „gefällt mir Schaltfläche“:
Jeder kann jeden und alles mögen!
Und das nun auch nonverbal unmissverständlich über einen schnellen Mausklick dem Rest der Welt kommunizieren. Reifen, Autos, Menschen, Haarspray, Alkoholische Getränke. Es gibt nichts, was man nicht mögen kann. Selbst Hämorrhoiden gefallen bei facebook 40 Personen. Und die Jagd nach den Klicks ist unerbittlich. Nicht nur für das Image sind viele „Likes“ Balsam, sondern auch die Produktbewerbung ist wesentlich einfacher, wenn die Konsumenten regelmässig über Neuigkeiten auf das Profil gelockt werden. Da hilft man auch schon gern mal nach: Produktverlosungen unter der eigenen Anhängerschaft sind da noch harmlos. Wer bei Rolls Royce „gefällt mir“ in der Hoffnung geklickt hat, die werden eine Luxuskarosse ins Volk werfen, um weitere Klicks zu kriegen, der wird wohl enttäuscht werden (hat es aber auch nicht besser verdient).
Lustiger- ausser für die Betroffenen - ist, wenn sich Freunde irgendwelche Videos angucken und nicht misstrauisch werden, dass sie zwei dubiose Schaltflächen klicken mussten (hinter denen sich „gefällt mir“ und „Link teilen“ verbargen), bevor der Film startet. Schon verbreitet sich in den Freundeslisten, welche kuriosen, billigen Videos mit schlüpfrigem Titel man sich gern anschaut.

Tim hatte Recht: Facebook ist der Durchbruch. Für die einen in ungeahnte Höhen und Marktpräsenz, für die anderen der des Magens. Man liebt es, hasst es oder ignoriert es.
Fakt ist: Jetzt ist es wesentlich besser geworden. Ich bin jetzt nämlich auch da!

Deshalb erstmal auf die „Gefällt mir“ Schaltfläche klicken, gelle!!!


Musste mal gesagt werden, woll!

Euer
Güntha 'der Seemann' Koslowski
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Güntha 'der Seemann' Koslowski
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Re: Die Abenteuer von Güntha 'der Seemann' Koslowski

Beitrag von Güntha 'der Seemann' Koslowski »

In Kur (4. Fortsetzung)

Wenn man sich amüsiert, vergeht die Zeit wie im Flug. Ganz schnell entwickelt man sich dann vom Neuling zum alten Hasen. In der Kur dauert dieser Prozess genau eine Woche. Danach kommen die nächsten Frischlinge in die Kasernierung und man selber weiß schon so ziemlich, wie der Hase läuft.

Auch ich hatte gelernt:
Wo man abends noch was handfestes auf die Gabel bekam, wenn der Koch mal wieder einen Salattag einlegte.
In welcher Kneipe es anstatt der Eifelplörre wenigstens Kölsch vom Fass gab, wenn schon keine gute Dortmunder Hopfenkaltschale.
Und dass Ergotherapie nix mit Fahrrad fahren zu tun hat.

Die gestaltenden Künste waren eh nicht so meins.
In der Ergotherapie sollte ich meinem künstlerischen Denken mehr Raum einräumen. Mich mal öffnen, mich von der Muse küssen lassen, der Inspiration eine Chance geben. Wenn ich die Therapeutin in ihrem Eifer so hörte, ging ich direkt davon aus, dass meine künstlerischen Ergüsse mindestens einen fünfstelligen Betrag einbringen müssten. Und das noch vor dem ersten Pinselstrich.
Wasserfarben, Wachsmaler, Kreide, Öl, Kohle… von alternativen bis fossilen Techniken war alles im Angebot. Filzbastelei, Speckstein, Töpfern, Holzschnitt (für die ganz schweren Fälle)
All das, von dem ich dachte, dass ich es nach der 4. Klasse der Grundschule auf ewig hinter mir lassen könnte, war wieder da.
Ich entschied mich für Holzbearbeitung. Da hatte ich genau so viel Vergnügen dran, wie an dem anderen Kram, aber wenigstens konnte ich mit dem Holzhammer und dem Beitel ordentlich auf so eine Vierteleiche einprügeln.
Die Therapeutin war begeistert. Die Vehemenz und Kraft die ich ihrer Meinung nach in meinem Schaffen zum Ausdruck brachte versetzte sie förmlich in einen orgiastischen Zustand, während sie ekstatisch um mich herum hüpfend referierte, dass jeder Holzkünstler das Kunstwerk schon in seinem fertigen Zustand sieht, gefangen in dem Medium. Und jeder Hieb sei ein Akt der Befreiung auf dem Weg hin zur künstlerischen Vollendung.
Ihr Hüpfen machte mich nervös. Doch sie war nicht zu bremsen: Welches auf seine Befreiung wartende Kunstwerk ich denn in dem Holzklotz sehen würde?
Ein erwartungsvoller Dackelblick, der darum bettelte, dass ich mich in künstlerischem Aderlass ihr mitteilen möge traf meinen eher gelangweilten Blick.
„Ich sehe in dem Klotz einen Zahnstocher, der dringend befreit werden muss.“
Mit einem Gesicht als hätte ich sie grade mit faulen Eiern beworfen drehte sie sich wortlos um und ich hatte für den Rest der Sitzung meine Ruhe.

Die Steigerung von Ergotherapie heißt Kunsttherapie.
Kunst kommt von Können und nach meinen ergotherapeutischen Erfahrungen könnte es sein, dass ich dort ebenfalls fehl am Platz war.
Ich meine, man darf nicht vergessen: Ich wollte hier Urlaub machen. Da darf sich das Animationsteam ruhig mal ein bisschen was für die Bespaßung einfallen lassen, gelle! Aber deren Einfälle fanden selten meinen Gefallen.

Statt Ausstellungen klassischer Meister zu besuchen mussten wir selber nach Themenvorgabe Pinselstriche aufs Blatt bringen. Für unsereinen, der schon in frühester Jugend beim „Malen nach Zahlen“ kläglich gescheitert war, keine leichte Aufgabe.
Wurde man in der Ergotherapie noch in Ruhe gelassen, solange man sich mit seinem Werkstück irgendwie beschäftigte oder wenigstens nachdenklich auf selbiges schaute, kam man in der Kunsttherapie nicht so einfach davon: während man in der ersten Hälfte der Therapie mehr oder weniger sinnloses Zeug auf das Papier brachte, bestand die zweite Hälfte aus gruppendynamischer Analyse der Ergüsse. Wer sieht was in welchem Bild? In welcher Stimmung befand sich der Künstler? Welches Bild spricht uns am meisten an? Um möglichst unverfänglich meine Aufgabe zu erfüllen und unbeachtet in der Masse der Kursteilnehmer unterzugehen, beschränkte ich mich auf das Malen von Vierecken. Doch wehe, wehe.

Während ein Grossteil meiner Mitgefolterten mein Bild geflissentlich nicht beachtete, prophezeite die Kursleitung mit unheilschwangerer Stimme, dass sich in diesen willkürlich geklecksten Vierecken und deren Anordnung sowie Beziehung zueinander mein ganzes Leben widerspiegelte. Wahnsinn, welche Phantasie diese Person beim Betrachten meines Bildes aufbrachte.
Andererseits lebte sie ja davon, irgend etwas in irgendwelche Bilder hineinzuinterpretieren. Und mit der Aussage ‚die künstlerische Leistung in meinem Bild entspräche der eines Affen, dem man einen Pinsel und eine Leinwand hingestellt hätte‘, rechtfertigte sie ihr fürstliches Gehalt sicherlich nicht. Obwohl dies eher der Wahrheit entsprochen hätte und von jedem nachzuvollziehen gewesen wäre.

Musste mal gesagt werden, woll!

Euer
Güntha 'der Seemann' Koslowski
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